DIE DEUTSCHSPRACHIGE ZEITUNG DER STUDENTEN IN LIVERPOOL
Kulturschock 101
von Teresa, 7. Oktober 2024
Man denkt immer, dass der Kulturschock im Ausland am schlimmsten ist, aber für manche Leute, ist es schlimmer zurückzuziehen, meint Teresa.

Bundesland Salzburg, 11/05/2024
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Wir wurden vorgewarnt, dass wir bei der Rückkehr von unserem Auslandsjahr einen Kulturschock haben würden, aber meine Freunde haben sich so gefreut, wieder zuhause zu sein. Ich habe mich aber traurig gefühlt. Ich musste meinen Freund, meine Familie, und mein neues Netzwerk zurücklassen, und musste in ein Land zurückkommen, dass sich nicht mehr als mein Zuhause anfühlte.
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Das Wetter
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Der Stereotyp von England als regnerisch ist schon sehr berühmt. Dass es immer dunkel, kalt und wolkig ist auch. Ich argumentierte aber immer, dass das nicht wirklich so schlimm ist, und dass es auch sehr schön sein kann. Dann bin ich zurückgekommen. Von 28 auf 16 Grad.
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Seit Mai hat es in Österreich durchschnittlich ungefähr 23 Grad. Es gab fast jeden Tag um 18 Uhr ein Gewitter und dann wurde es wieder warm. Es war herrlich. Ich bin Anfang September um 23:30 in Manchester mit dem Flugzeug gelandet und es hatte 11 Grad. Es hat sich eiskalt angefühlt. Dann hat es angefangen zu regnen. Ich war wieder in England. Und es war grausam.Es fühlt sich manchmal sehr kindisch an, so ein Problem mit dem Wetter zu haben, aber von Sommer- auf Winterkleidung innerhalb von einem Tag zu wechseln, hat eine sehr starke Wirkung auf die mentale Gesundheit.
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Freunde und Familie
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Ich habe in meinem Auslandsjahr sehr viel Glück gehabt. Ich habe in Graz gewohnt, wo mein Freund, andere Freunde, und meine Verwandten wohnen. Das hieß, dass ich mich in Österreich sehr schnell wohlfühlen könnte, aber auch, dass meine Rückkehr nach England deshalb viel schwieriger war.
Ja, ja, ich weiß. Die Arme hat viel zu viel Liebe in ihrem Leben. Sie ist überall zuhause und hat sich nie wirklich einsam gefühlt. Ich verstehe, dass es ein ‚first-world-problem‘ ist, aber kein Heimweh heißt auch kein Zuhause. Wenn man an zwei Orten zuhause ist, kann man nie wirklich irgendwo zuhause sein, was ein fundamentales Problem des Menschseins sein kann.
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Traveling carries with it the curse of being at home everywhere and yet nowhere, for wherever one is some part of oneself remains on another continent.
Margot Fonteyn
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(Reisen bringt mit sich den Fluch, überall aber auch nirgendwo zuhause zu sein, weil, wo immer man ist, bleibt ein Teil von einem auf einem anderen Kontinent von der Autorin übersetzt)
Die Freiheit zu reisen
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Der letzte Grund, warum ich in England einen Kulturschock gefühlt habe, ist, dass man hier nicht herumreisen kann. Auch wenn man von Glasgow nach London mit dem Nachtzug fahren kann, bleibt man immer auf der gleichen Insel. In Graz war ich eine halbe Stunde von Slowenien entfernt. Ich konnte mit einem FlixBus in sechs Stunden in München sein.
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Eine Freundin aus England besuchte mich und war erfreut, als sie herausfand, dass wir in zwanzig Minuten von Villach, einer Stadt im südlichen Bundesland Kärnten, nach Slowenien fahren konnten. Und das ohne Grenzkontrolle. Dann sind wir einen Berg raufgefahren und sind wieder nach Kärnten zurückgefahren. Wir hatten keinen Grund für die Reise, es hat einfach Spaß gemacht. Diese Freiheit, viele Plätze in kurzer Zeit zu sehen, kreiert eine Situation, wo Großbritannien sich im Vergleich sehr klaustrophobisch anfühlt.
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Eine kurze Fahrt nach Slowenien 10/03/2024
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Nach einer Weile in England wurden diese Sachen wieder weniger schlimm. Meine Wohnung hat Heizkörper, die gegen die hiesige Kälte ankämpfen, meine österreichischen Freunde kommen mich besuchen, und ich habe mir ein Auto von meinen Eltern ausgeborgt und bin herumgefahren. Aber wenn man mal weiß, wie es ist, diese Sachen zu haben, ist es einschränkend, wenn sie nicht mehr existieren.
Über die Autorin
Teresa ist eine Studentin an der Universität Liverpool und studiert Politikwissenschaften und Deutsch. Sie wohnt in Liverpool und studiert schon seit vier Jahren. Sie freut sich dann darauf, nach ihrem Abschluss nicht mehr akademische Texte lesen zu müssen.
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